Johann Friedrich II. v. Alvensleben

1657-1728 | Diplomat, Kurhannoverscher Minister, Erbauer des Barockschlosses Hundisburg

Er wurde am 9.1.1657 in Halle als zweiter Sohn des Magdeburger Geheimen Rates Gebhard XXV. v. Alvensleben (1618-1681) auf Neugattersleben und der Agnes v. Rautenberg (1616-1685) geboren, studierte von 1675 bis 1678 an der Universität Leipzig und unternahm anschließend bis 1681 eine Bildungsreise nach Holland, England, Frankreich, Italien und die Schweiz, in die auch ein mehrmonatiges Studium in Saumur eingeschlossen war.

Bei einer Erbauseinandersetzung fiel Johann Friedrich v. Alvensleben 1691 das Gut Hundisburg zu. Von 1693 bis 1712 ließ er dort durch den braunschweigischen Hofarchitekten Hermann Korb das Schloss Hundisburg bauen, ein Hauptwerk des Barock in Niederdeutschland mit bedeutenden Gartenanlagen. 1714 erwarb er außerdem das Gut Woltersdorf bei Magdeburg.

Umfassend gebildet, Weltmann und Kunstsammler, der er war, schuf er eine große Bibliothek, die u. a. auch Leibniz benutzte. Mit ihm hatte er einen regen politischen Briefwechsel, der 129 Blatt umfasst und sich in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek befindet. Der Inhalt der Briefe diente vor allem der Wahrung des Reichsgedankens gegenüber der aufstrebenden Macht Preußens und des Welfenhauses.

1682 trat er in die Dienste der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel, zunächst als Kammerjunker, 1886 als Hofrat. 1687 führte er der Republik Venedig ein braunschweigisches Truppenkontingent gegen die Türken zu. 1689 zum Kriegsrat und 1691 zum Wirklichen Geheimen Rat berufen, hatte Johann Friedrich in Wolfenbüttel die Regierungsebene erreicht. Als die Interessen seiner Herzöge und die seines Lehns- und Landesherrn, des brandenburgischen Kurfürsten, in Konflikt gerieten, zog er sich 1693 auf seine Güter zurück. Das hinderte ihn nicht, seine Herzöge weiter zu beraten und auch in besonderen Angelegenheiten am Berliner Hof zu vertreten.  1697 wurde er mit Genehmigung der Wolfenbütteler Herzöge zum kurfürstlich brandenburgischen Geheimen Rat ernannt. 1703 verhandelte er in Danzig während des Nordischen Krieges als brandenburgischer Gesandter mit den Schweden. Er behielt seinen Wohnsitz in Hundisburg und seine Berliner Dienstgeschäfte beschränkten sich bis auf wenige andere diplomatische Missionen hauptsächlich darauf, dass er „der Mittelpunkt der zwischen dem Berliner und dem Wolfenbütteler Hof vorfallenden Mitteilungen war“, wie der Chronist Wohlbrück berichtet.

1719 wurde er von König Georg I. von England zum hannoverschen Staatsminister berufen. In dieser Position hatte er u.a. die Verantwortung für die Herzogtümer Bremen und Verden und wohnte deshalb 1723 ein Jahr in Stade. 1726 nahm er seinen Abschied.

Zur Zeit der schärfsten Ausprägung des Absolutismus (1717-1725) stand Johann Friedrich an der Spitze einer Adelsfronde, die sich der Aufhebung der alten Lehnsverhältnisse durch die preußische Regierung widersetzte. Anstelle der Verpflichtung zu Gestellung von Lehnspferden im Kriegsfalle sollten die Lehnsträger eine jährliche Abgabe zahlen. Darin sah die Ritterschaft eine Verletzung ihrer hergebrachten Rechte und Unterwerfung unter ein Steuersystem.  Alvensleben und einige andere Mitglieder der Ritterschaft klagten vor dem Reichshofrat in Wien und gewannen den Prozess. Allerdings blieb dies ohne große Folgen. Obwohl Kaiser Karl VI. in seinem Edikt vom 1.2.1725 die Befolgung des Gerichtsbeschlusses anordnete, blieb der König von Preußen bei seiner Politik und die betroffenen Adelsfamilien mussten sich schließlich beugen. Der Konflikt führte dazu, dass im 18. Jahrhundert nur wenige Alvensleben in preußische Dienste traten. König Friedrich Wilhelm I. schrieb 1722 in einer Instruktion an seinen Nachfolger Friedrich den Großen: „die Altemerckische Vassallen sein schlimme ungehorsame leutte …die Schullenburgische, Alvenslehbensche Bismarcksche familien sein die vornehmeste und die schlimmeste“. Da die Alvensleben die Zahlung des Lehnspferdegeldes weiter verweigerten, wurde es bis 1741 alljährlich durch militärische Exekution eingetrieben.

Johann Friedrich war verheiratet mit Adelheid Agnes v. der Schulenburg (1664-1726) aus Altenhausen und hatte mit ihr acht Kinder. Sein ältester Sohn war der spätere hannoversche Minister Rudolf Anton v. Alvensleben (1688-1737). Johann Friedrich starb am 21.9.1728 in Hannover und wurde in der Schlosskapelle in Hundisburg beigesetzt.

Literatur:

  • Johann August Jänichen: Johann Friedrich von Alvensleben (Leichenpredigt), Magdeburg 1729.
  • Siegmund Wilhelm Wohlbrück: Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlecht von Alvensleben und dessen Gütern. Dritter Theil, Berlin 1829, S. 242-273.
  • O. von Heinemann: Geschichte von Braunschweig und Hannover, 1884-92.
  • Leopold von Ranke: Zwölf Bücher Preußischer Geschichte . Kritische Ausgabe von G. Küntzel, 3 Bände, 1930.
  • Udo von Alvensleben-Wittenmoor: Die braunschweigischen Schlösser der Barockzeit, 1937.
  • Neue Deutsche Biographie, Bd. 1, 1953, S. 233-234.
  • Peter Michael Hahn: Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt. Berlin 1989, S. 333.
  • Sabine Sellschopp: Leibniz und die Brüder von Alvensleben – Begegnungen und Briefwechsel. Vortrag auf der Fachtagung „Gottfried Wilhelm Leibniz in Hundisburg“ am 16.-19.9.2004 in Hundisburg. Veröffentlicht in: Berthold Heinicke und Hartmund Hecht (Hrsg.): Am Mittelpunkt der zwischen Hannover und Berlin vorfallenden Mitteilungen. Gottfried Wilhelm Leibniz in Hundisburg. Hundisburg 2006, S. 51-69.
  • Reimar von Alvensleben: Spuren der Alvensleben in Hundisburg und Umgebung. Falkenberg 2010, 28 S.