Philipp Karl Graf v. Alvensleben
1745-1802 | preußischer Diplomat und Staats-, Kriegs- und Kabinettsminster
Philipp Karl wurde am 16.12.1745 in Hannover geboren. Er war der älteste Sohn des Hannoverschen Geheimen Rats Gebhard August v. Alvensleben (1719-1779) auf Neugattersleben und Hundisburg und der Dorothea Friederike v. Hardenberg (1721-1761). Der Bruder seines Vaters war der Großbritannische und Hannoversche Minister Johann Friedrich Karl I. v. A. (1711-1795), der lange Zeit die deutsche Kanzlei in London leitete, sein Großvater der Hannoversche Minister Rudolf Anton v. A. (1688-1733). Philipp Karl blieb unverheiratet. Nach dem Tod seines Onkels Johann Friedrich Karl fiel ihm 1796 der Besitz von Schloss und Gut Hundisburg zu. Er starb in Berlin am 21.10.1802, worauf Hundisburg an seinen jüngeren Halbbruder Georg (1767-1811) überging.
Leben
Bis zu seinem 13. Lebensjahr lebte Philipp Karl in Hannover. 1758 zog die Familie auf das Gut Neugattersleben. Während des Siebenjährigen Krieges (1756-63) erhielt er in Magdeburg zeitweilig gemeinsamen Unterricht mit dem preußischen Prinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren König, und dessen Bruder Prinz Heinrich, woraus eine enge Freundschaft entstand. Anschließend studierte er bis 1770 in Halle und begann zunächst eine juristische Laufbahn als Referendar beim Kammergericht in Berlin. Damit war er der erste Hundisburger Alvensleben, der wieder in preußische Dienste ging, nachdem zuvor drei Generationen Alvensleben hohe Ämter in welfischen Diensten bekleidet hatten.
1774 verließ er den Justizdienst, übernahm für einige Zeit eine Stelle als Hofkavalier beim Prinzen Ferdinand und begann 1775 eine diplomatische Laufbahn als preußischer Gesandter in Dresden. Im Bayerischen Erbfolgekrieg schloss er 1778 mit dem kursächsischen Minister von Stutterheim einen Geheimvertrag in der Erbfolgeangelegenheit und verhandelte erfolgreich eine Reihe weiterer preußisch-sächsischer Staatsverträge. 1787 wurde er zu Sondermissionen in Hannover und in Paris eingesetzt, im selben Jahr wurde er in den Johanniterorden aufgenommen. 1788 erhielt er den Posten eines außerordentlichen Gesandten in den Niederlanden, 1789 war er in der gleichen Position in London. Am 1. Mai 1791 ernannte ihn König Friedrich Wilhelm II. zum Wirklichen Geheimen Staats-, Kriegs- und Kabinettsminister. Nach dem Tode Finckensteins (1801) wurde er Erster Kabinettsminister (Premierminister).
Werk und Würdigung
Philipp Karl war umfassend gebildet, hatte vielfältige wissenschaftliche und künstlerische Interessen und hinterließ umfangreiche schriftliche Aufzeichnungen zur Kulturgeschichte seiner Zeit, die bis 1945 im Gutsarchiv in Erxleben II aufbewahrt wurden und seitdem verschollen sind. Von seinen Schriften wurde – allerdings anonym – gedruckt: „Versuch eines tabellarischen Verzeichnisses der Kriegsbegebenheiten vom münsterischen bis zum hubertusburgischen Frieden“, Berlin 1792. Überliefert ist auch eine Denkschrift „Vorschlag zur Einführung der lateinischen Lettern aus Staatsgründen“ (Berlinische Blätter, 21.2.1798), in der er sich – nicht zuletzt aufgrund seiner internationalen Erfahrungen für eine Schriftreform einsetzte. Seine Sensibilität für soziale Fragen fand ihren Niederschlag in seinem Plan eine „Versorgungsanstalt für arme Dienstboten“ einzurichten.
Philipp Karl erhielt eine Reihe hoher Ehrungen: 1787 wurde er als Ehrenmitglied in die Berliner Akademie der Künste und Wissenschaft aufgenommen. 1792 erhielt er den Roten Adlerorden und 1798 den Schwarzen Adlerorden. Im Januar 1800 wurde er in den Grafenstand erhoben.
Literatur:
- Biographie Universelle, Paris 1811, S. 652/653
- J.S. Ersch und J.G. Gruber: Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaft und Künste.
Dritter Teil, Halle 1818 (Nachdruck 1969), Artikel Alvensleben (Philipp Karl, Graf von). - Wohlbrück III (1829), S. 402-406.
- Allgemeine Deutsche Biographie, Erster Band, Leipzig 1875, S. 378/379.
- Neue Deutsche Biographie, Erster Band, Berlin 1953, S. 234/235.
- Udo v. Alvensleben-Wittenmoor : Philipp Carl Graf v. Alvensleben, 1745-1802. Unveröffentlichtes Manuskript. Bodelschwingh 1959, 22 S.
(enthält eine umfassende Würdigung des schriftlichen Nachlasses von Philipp Karl v. A.) - Martin Wiehle: Altmark-Persönlichkeiten. Oschersleben 1999, S. 12.