Erxleben
Der Schlosskomplex in Erxleben entstand aus einer mittelalterlichen Burganlage an der alten Heerstraße zwischen Braunschweig und Magdeburg. Sie befand sich seit 1282 im Besitz der Familie v. Alvensleben.
Die Ansicht zeigt die Burg von Südosten im Zustand von 1910. Im Vordergrund sieht man das Halbrund des Wirtschaftshofes, angelegt von Joachim I., zur Linken überragt von dem seit 1784 nicht mehr bewohnten Schloss Erxleben I. Es folgt das weitläufige Schloss Erxleben II, beginnend mit dem hochgiebeligen Joachims-Bau, sich fortsetzend bis über den Treppenturm der 1905 ausgebauten Bibliothek hinaus. Rechts davor steht der Hausmannsturm, der ursprünglich das Burgtor und drei aufeinander folgende Zugbrücken beschirmte. Dahinter sind die Schlosskapelle und das Barockschloss Erxleben I zu sehen, vorne rechts der Beginn der Parkanlage von Erxleben II.
Die Burg im Mittelalter
Die Burg Erxleben war eine Niederungsburg mit Wassergräben und Wällen. Die erste Anlage könnte kurz nach 1100 erfolgt sein. 1166 kaufte Erzbischof Wichmann von Magdeburg die strategisch wichtige Burg. 1214 (oder 1218) wurde sie von Kaiser Otto IV. zerstört. Um 1270, spätestens 1282, könnte sie in den Besitz des Ritters Gebhard II. v. Alvensleben (urk. 1251-1283) gekommen sein, der zu dieser Zeit noch auf der benachbarten Burg Alvensleben wohnte. Die Burg war im Mittelalter oft hart umkämpft. 1317 belagerte sie Markgraf Waldemar und der Erzbischof von Magdeburg, 1319 wiederum der Erzbischof und 1352 die Bürgerschaft von Magdeburg, wobei die Burg ausbrannte. 1399 wurde ein Drittel der Burg dem Herzog Friedrich von Braunschweig-Lüneburg verpfändet. Es folgte eine sehr unruhige Zeit, in der Erxleben fortgesetzten Fehden, Verwüstungen und Verpfändungen ausgesetzt war. 1441 wurde die Burg durch die Herzöge Heinrich von Braunschweig und Otto von Lüneburg zerschossen und verbrannt, aber nicht eingenommen. Die Pfandschaften wechselten in verschiedene Hände, bis sie schließlich 1505 durch Busso IX. v. Alvensleben (+ 1534) wieder eingelöst werden konnte.
Teilung 1554
Im Jahre 1553 starb die Rote Linie der Alvensleben, die Erxleben in Besitz hatte, aus und die Burg ging im Erbgang auf die Weiße und Schwarze Linie der Familie über. Bei der Teilung erhielt die Weiße Linie den 1785 abgerissenen Hauptturm im Schloss, das Haus mit der früheren Kapelle, das alte verfallene Gebäude bis an das Brauhaus, die Hälfte aller Scheunen und Ställe und den Platz zwischen beiden Mauern von der alten Quermauer bis an das Tor beim Hausmannsturm. Die Schwarze Linie bekam: das neue Wohngebäude, das Brauhaus, das Gebäude über dem Tor zwischen Wohnhaus und Turm, die Hälfte der Scheunen und Ställe und den Platz mit dem Vorwerk vom Tor bis an die alte Quermauer. Die Trennung der beiden Teile erfolgte durch eine Mauer.
Schlosskapelle
Beide Linien bauten eine neue gemeinsame Schlosskapelle St. Godehard. Der Rohbau entstand von 1562 bis 1564. Der weitere Ausbau zog sich noch bis 1580 hin. Der erste Gottesdienst fand am 9.9.1582 statt. Bauherren waren Joachim I. v. Alvensleben (1514-1588) aus der Schwarzen Linie und Valentin I. von Alvensleben (1529-1594) aus der Weißen Linie auf Grund einer Stiftung von Busso IX. v. Alvensleben (+1534). 1674 ließ Gebhard Johann II. v. Alvensleben (1642-1700) die Kirche erneuern und die Begräbnisgewölbe darunter errichten. Joachim I. war der erste Schlossherr, der sich in der Kapelle beisetzen ließ. Ihm folgten viele weitere Generationen der Familie v. Alvensleben bis 1928, als Graf Albrecht v. Alvensleben-Schönborn (1848-1928) dort seine letzte Ruhe fand. Dementsprechend ist die Kapelle reich mit Grabsteinen und Epitaphien aus mehreren Jahrhunderten ausgestattet, die wie eine Familienchronik wirken. In den Jahren 1709/1710 erhielt die Kapelle eine neue Orgel, gebaut vom bekannten Magdeburger Orgelbaumeister Heinrich Herbst und dessen Vater. Bei Kriegsende 1945 wurde die Kapelle im Inneren stark beschädigt, vor allem die Orgel und die Epitaphien. Das Gestühl wurde verbrannt. Nach dem Kriege notdürftig wieder hergestellt, wurde sie bis 1996 als katholische Kirche genutzt. Ein Förderverein bemüht sich um die Erhaltung des wertvollen Kulturdenkmals und nutzt die Kirche für kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen. Die Orgel wurde inzwischen restauriert und die Epitaphien in ihrem Bestand gesichert.
· Grabdenkmäler Schlosskapelle Erxleben
· Gedächtnisfenster in der Schlosskapelle Erxleben
· Förderkreis Schlosskapelle Erxleben
Hausmannsturm
Als Turm der Kapelle dient der alte, 50 Meter hohe Hausmannsturm, das Wahrzeichen von Erxleben. Er diente früher der Bewachung der ursprünglich dicht neben ihm liegenden Hauptbrücke über den Burggraben und wird erstmalig 1339 erwähnt. Nach Prejawas Forschungen (1905) ist er vor 1319 erbaut worden. Nach anderen Forschungen hat ein Vorgängerbau bereits um 920 bestanden. Er soll zunächst nur 28 Meter hoch gewesen, zu Beginn des 15. Jahrhundert erhöht und Mitte des 17. Jahrhunderts mit barocker Schweifhaube und Laterne bekrönt worden sein. Oben wohnte bis ins 19. Jahrhundert ein Turmwächter. 1950 wurde der Turm wieder neu eingedeckt. Er erhielt 1998 eine neue Turmkugel.
Schloss Erxleben II um 1858, Lithographie von Alexander Duncker
Erxleben II vom Park aus gesehen 1928
Burganlage Erxleben 1930
Weitere Baugeschichte
Nach der Teilung von 1554 hat vor allem Joachim I. v. Alvensleben weitere Bauten errichtet. Hierzu gehörte u.a. der Joachimsbau und der Wirtschaftshof. Unter Gebhard Johann II. v. Alvensleben wurde das Schloss Erxleben II 1679-1682 grundlegend erneuert. Der württembergische Oberhofmarschall Friedrich August I. v. Alvensleben (1703-1783) und sein Sohn ließen 1782-84 das barocke Schloss Erxleben I bauen (Bild rechts), das jetzt als Verwaltungsgebäude genutzt wird. 1840 erhielt die Fassade des Schlosses Erxleben II einen zweistöckigen Balkonerker. 1905 entstand anstelle einer alten Scheune der Bibliotheksbau mit einem Treppenturm. Hier wurde die von Joachim I. aufgebaute wertvolle Lehnsbibliothek aufgestellt. Das Schloß Erxleben II, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Oberschule untergebracht war, steht seit einigen Jahren leer.
Die Zeichnung, die die Burg Erxleben von Nordwesten darstellt, bezieht sich auf den Zeitpunkt nach Errichtung des Barockschlosses Erxleben I und vor Abbruch des Bergfrieds im Zentrum der Burg. Im Vordergrund sind die Gebäude von Erxleben I zu sehen, rechts das ältere, 1554-1784 bewohnte Schloss der Weißen Linie, davor diesseits des Burggrabens der dazugehörige Garten. Jenseits des Bergfrieds befindet sich das mittelalterliche Schloss Erxleben II mit vier Treppentürmen, in dem die Schwarze Linie der Alvensleben bis 1945 wohnte. Deren Wirtschaftshof, die einstige Vorburg, schließt sich halbkreisförmig nach Süden an. Hinter dem Schloß sieht man die Schlosskapelle, den Hausmannsturm und die Gärten von Erxleben II.
Schloss Erxleben I 1936
Erxleben I, Eingangshalle 1940
Literatur
- H. Prejawa: Die Burg Erxleben. 34. Jahresbericht d. V. f. V. Gesch. z. Salzwedel, 1907
- Udo von Alvensleben-Wittenmoor: Alvenslebensche Burgen und Landsitze. Dortmund 1960
- Marie-Luise Harksen: Die Kunstdenkmäler des Kreises Haldensleben. Leipzig 1961, S.235-273
- Udo von Alvensleben, Harald von Königswald: Besuche vor dem Untergang. Frankfurt/M, Berlin 1968, S.182-204
- Michael Behrens: Zur Geschichte der Orgel in der Schlosskapelle Erxleben. Jahresschrift des Kreismuseums Haldensleben, Bd. 25 (1984) S.28-39.
- Busso Graf von Alvensleben: Erxleben und die Familie von Alvensleben. Sonderdruck aus Burgen, Schlösser, Gutshäuser in Sachsen-Anhalt, 1996.
- Rudolf Peisker: Das historische Erxleben – eine Chronik- Herausgeber: Gemeinde Erxleben. Staßfurt um 1998.
- Udo von Alvensleben-Wittenmoor: Die letzten fünf Generationen der Alvensleben in Erxleben II – 1782-1945 (verfaßt 1959). Herausgegeben von der Familie von Alvensleben e.V., Falkenberg August 2008, 44 S.
- Busso von Alvensleben: Burg und Schlösser Erxleben, Ldk. Börde, in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Mitteilungen der Landesgruppe Sachsen-Anhalt der Deutschen Burgenvereinigung e.V. H. 17 Halle/Saale 2008, S. 408-429, 12 Abb.
- Busso von Alvensleben: Erxleben. Herausgeber: Deutsche Gesellschaft Sachsen-Anhalt e.V., Schriftenreihe „Schlösser und Gärten in Sachsen-Anhalt“, Döbbelin 2009, 28 S.
- Hildegard Bernick: Geschichte des Hausmannsturms Erxleben. in : Börde, Bode, Heide. Heimatschrift 2009. Herausgeber Landkreis Börde. Haldensleben 2009, S. 3-9.
- Hildegard Bernick: Die Schlosskirche Erxleben und ihre Erbauer. in: Börde, Bode, Heide. Heimatschrift 2010. Herausgeber Landkreis Börde. Haldensleben 2010, S. 71-78
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