Zichtau

Gut Zichtau

Gut Zichtau um 1750 – Zeichnung von Anco Wigboldus

Zichtau, in einem einst unwegsamen Tal der Hellberge verborgen, wurde 1420 zur Herrschaft Kalbe hinzu erworben und entwickelte sich zum selbständigen Rittersitz. Seit 1588 blühte hier eine Linie, begründet durch den melancholischen Ludolf XIII. v. Alvensleben, die unter den Teilhabern von Kalbe bestimmend hervortrat. Ludolfs Stamm saß lange Zeit zugleich auf den Rittersitzen Berge und Schenkenhorst an der Milde, wie auf der thüringischen Herrschaft Klosterroda. Der viel umhergetriebene Kriegsoberst Werner Ordomar (1667-1714) wohnte auf der erheirateten Burg Goseck an der Saale. Im künstlerischen Schmuck der Kirchen zu Berge bei Gardelegen und Zichtau, dem barocken Grabmal der Schloßkapelle zu Goseck wie in einigen Bildnissen entdeckt man letzte sichtbare Spuren. Auf dem Wege durch die Jahrhunderte folgten hier auf Generationen scharfgeprägter, tatkräftiger Persönlichkeiten, nach Verlust von Grund und Boden im 19. Jahrhundert, das Welken und Absterben der einst weitverzweigten Linie. Zur Franzosenzeit bildete das Haus Zichtau im Rahmen der Altmark die aktivste Zelle bei der Schillschen Erhebung wie in der Vorbereitung der Befreiungskriege. 1811-1813 mußten beide Zichtauer Güter mit allen dazugehörenden Besitzungen verkauft werden, im Wesentlichen auf Grund hoher Opfer für die Mitbegründung des Magdeburgischen Elbhusaren-Regiments auf eigene Kosten durch den Landrat Johann Friedrich VII. Eine tatkräftige Frau erwarb eines der Güter zurück, das jedoch nur bis 1847 zu halten war. 1860 vereinigte der Anhaltiner Ministerpräsident Albert v. Goßler ganz Zichtau in seiner Hand, das sich 1945 noch im Besitz seiner Familie befand. Durch Teilung waren hier 1681 zwei Rittergüter entstanden: die ,,Alte“ und ,,Neue Seite“.  

Unser Bild zeigt das Waldtal, eines der schönsten Landschaftsbilder der Altmark, im Vordergrund das barock umgebaute Herrenhaus ,,Alter Seite“ von 1600. 1789 abgebrochen, wurde es durch das daneben sichtbare, an einem Dachreiter zu erkennende Mühlengebäude ersetzt. Durch ein skulpturgeschmücktes Pfeilertor, das noch existiert, fuhr man zwischen rechteckigen Wasserflächen auf das Hauptportal des Herrenhauses zu. Ostwärts in Richtung auf die Kirche folgte der Gutshof ,,Neuer Seite“. Hier erblickt man die Gartenfront des dazugehörenden, 1691 errichteten Wohnhauses. Von beiden Häusern stehen heute nur noch Reste. Sie besaßen barocke Gartenanlagen, deren Spuren im späteren Landschaftspark erkennbar blieben, der, mit Teichen, Bächen und alter Gartenplastik belebt, in die Waldungen überging. Selbst die Anhöhen ringsum waren zeitweilig durch Anlagen und Aussichtspavillons einbezogen. Die alte Kirche birgt Alvenslebensche Grabmale und Barocksärge in der Gruft. 

Herrenhaus Zichtau-Alte Seite 1937

Torpfeiler von 1738

Torpfeiler von 1738

Herrenhaus Zichtau - Neue Seite um 1985

Herrenhaus Zichtau-Neue Seite um 1985

Herrenhaus Zichtau-Neue Seite, heute  „Orangerie“, 2022

Wappenstein über dem Portal von 1691 mit Inschrift Johann Friedrich v. Alvensleben und Elisabeth Sophia v. Bülow

Wappenstein über dem Portal des Hauses Neue Seite von 1691 mit Inschrift
Johann Friedrich v. Alvensleben und Elisabeth Sophia v. Bülow

Literatur

  • Paul Pflanz: Zichtau. „Lieb‘ Heimatland“. Monatsbeilage des Gardelegener Kreisanzeigers. 10. Jahrg., Nr. 5, Juni/Juli 1935.
  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor : Zichtau unter den Herren v. Alvensleben. In Heimatbuch. Beiträge zur altmärkischen Heimatkunde, Bd. 4, Gardelegen 1940/41, S. 219-249.
  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor: Alvenslebensche Burgen und Landsitze. Dortmund 1960.
  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor: Chronik der altmärkischen Burg Calbe an der Milde. Unveröffentlichtes Manuskript 1920-1960, S. 209-236 – veröffentlicht unter dem Titel: Die Alvensleben in Kalbe 1324-1945, bearbeitet von Reimar v. Alvensleben, Falkenberg August 2010 (180 S.), S. 127-146. (Kapitel über Zichtau)

Grabmäler Zichtau

Sage:  Die Alvensleben-Uhr in Zichtau