Kirche St. Gertrud in Neugattersleben
Beim Neubau 1887-1889 erhielt die Kirche in Neugattersleben unter dem damaligen Patron Werner v. Alvensleben (1840-1929) eine qualitätvolle Farbverglasung, die fast vollständig erhalten blieb und 2004 weitgehend restauriert werden konnte.
Die drei Fenster der Apsis zeigen in der Mitte den segnenden Christus, links den Apostel Paulus und rechts den Apostel Petrus mit ihren Attributen in gotisierenden Wimpergarchitekturen.
Christus hält in seiner Linken das Buch des Lebens mit eingeschriebenen A und O (griechisch: Omega). Er steht vor hellgrauem Kachelgrund in gelbem Scherengitter, im niedrigen Sockelfeld ist eine Banderole mit der Aufschrift ICH BIN BEI EUCH ALLE TAGE eingelegt. Unten steht klein Gew. v. Patron Werner Alvo von Alvensleben sowie die Signatur Glasmalerei von Ferd. Müller Quedlinburg.
Die Apostel stehen vor gelben bzw. grünen Teppichbehängen mit Fransenkante, die Schriftbänder in den Sockeln tragen die Aufschrift ST. PAULUS und ST. PETRUS. Unter dem Paulus-Fenster steht die Inschrift: Gew. v. Frau Anna von Alvensleben, geb. v. Veltheim aus dem Hause Harbke, unter dem Petrus-Fenster die Inschrift Gew. v. Joachim Werner Armgard Gustin Bodo Alvo von Alvensleben (die Kinder des Patrons).
Die Fenster im Kirchenschiff
Im Schiff stehen jeweils chronologisch angeordnet alttestamentarische Szenen in den Nordfenstern und neutestamentarische Szenen in den Südfenstern. Sie erscheinen jeweils von zwei Halbsäulchen begrenzt im mittleren Fensterfeld und sind in darunter liegenden Schriftleisten mit den dazu gehörigen Tituli bezeichnet. Die Sockelzonen enthalten Teppichmuster bzw. gotisierende Arkadenreihen, in den Bogenfeldern wechseln weite Mehrpassbögen und hängende Doppelarkaden. Die bekrönenden Sechspässe enthalten in ihren durch Eisenrahmen eingegrenzten Innenfeldern die Wappen der Stifter aus der Familie v. Alvensleben und eingelegte Banderolen mit den Namen der Stifter. Es sind dies die Mutter und die fünf Geschwister von Werner v. Alvensleben mit ihren jeweiligen Ehepartnern.
Fenster Krosigk/Alvensleben
Gott verheißt Abraham zahlreiche Nachkommen. Inschrift: 1. Buch Moses Cap. 15, v. 5
Moses empfängt die Gesetzestafeln. Inschrift: 2. Buch Moses Cap. 4, v.12.
Allianzwappen Krosigk/Alvensleben
Inschrift: GEBHARD von KROSIGK / HEDWIG von ALVENSLEBEN / Ps. 84.11
Fenster Armgard v. Alvensleben
David tröstet Saul beim Harfenspiel. Inschrift: 1. Buch d. Sam. Cap. 16 v. 23
Elias spricht zum Volke auf dem Berg Carmel. Inschrift: 1. Buch d. Kön. Cap 18 v. 21
Wappen von Armgard v. Alvensleben.
Inschrift: ARMGARD VON ALVENSLEBEN / Schaffet dass ihr selig werdet.
Fenster Platen/Alvensleben
Jesaias Prophezeiung über Christus. Inschrift: Jesaias Capitel 53 v. 4
Johannes der Täufer Christus ankündigend. Inschrift: Ev. Johannes Cap.1 Vers 29
Allianzwappen Platen/Alvensleben.
Inschrift: ERNST von PLATEN / ANNA von ALVENSLEBEN vermählt am 8. Octb. 1852 / 4. Moses 6.25.26
Fenster Oertzen/Alvensleben
Der Zwölfjährige Jesus im Tempel. Inschrift: Lucas Capitel . v. 49
Darbringung im Tempel. Inschrift: Lucas Capitel 2, Verse 34 u.35
Allianzwappen Oertzen/Alvensleben.
Inschrift: GUSTAV von OERTZEN / CLARA von ALVENSLEBEN / vermählt den 12. OCTOBER 1851
Fenster Louis v. Alvensleben
Auferweckung des Jüngling zu Nain. Inschrift: Lucas Capitel 7
Jesus und Nicodemus. Inschrift: Johannes Capitel 3
Wappen von Louis v. Alvensleben.
Inschrift: LOUIS von ALVENSLEBEN / Ev. Joh. 5.24
Fenster Alvensleben/Trotha
Christus als Gärtner. Inschrift: Ev. Johannes Capitel 20
Christus am Ölberg. Inschrift: Matthäus Capitel 26
Allianzwappen Alvensleben/Trotha.
Inschrift: LOUIS von ALVENSLEBEN / LOUISE von TROTHA / Math. 5 Verse 3 u. 4
Die Fenster in der Patronatsloge
Im Mittelpunkt steht eine Darstellung der Vermählung Marias, als solche vor allem durch den blühenden Stab mit Lilien in der Hand des heiligen Josef charakterisiert. Das Paar, die vier Gaben reichenden Kinder und die beiden auf einer Brüstung im Hintergrund lehnenden Engel sowie das darüber befindliche Kinderporträt stellen die Familie des Patronatsherrn Werner v. Alvensleben dar und sind als solche mit Hilfe eines fotomechanischen Umdruckverfahrens porträthaft gestaltet. In den Bögen der abschließenden Doppelarkade und dem Rahmen des darüber eingefügten Kinderporträts steht die Widmung
Dem Hause Neugattersleben freund- und verwandtschaftlich gewidmet von Constantin v. Alvensleben General der Infanterie.
Am oberen Rand der Sockelzone verläuft die Inschrift:
Ich aber und mein Haus wollen / dem HERRN dienen (Josua 24, 15),
darunter lehnen Wappenschilde und Helmzieren des Allianzwappens Veltheim/Alvensleben.
Mehr über das Fenster und die darin dargestellten Personen: Familienfenster in der Kirche Neugattersleben.
Das Fenster links daneben enthält eine reizvolle Darstellung der Anbetung der Könige, einfühlsam am Stil des späten 15. Jahrhunderts orientiert und ausgeführt von der Firma de BOUCHE KGL HZL. /BAYR. HOF. GLASMALEREI / MUENCHEN. (Sign.).
Eine Inschrift zitiert Matth. 2, 2: WIR HABEN SEINEN STERN / GESEHEN U. SIND GEKOMEN IHN / ANZUBETEN.
Die Widmungszeile am unteren Rand lautet: Gewidmet von Freund Hagemann aus Leipzig. Hagemann war Rechtsanwalt in Leipzig, der die Familie über viele Jahre in Rechtsangelegenheiten beraten hat.
Das Fenster rechts neben dem Familienfenster ist vermutlich Anfang der 90er Jahre zerstört worden. Die Möglichkeit einer Wiederherstellung wird noch (2009) geprüft.
Über dem Portal der Patronatsloge befindet sich in einer kleeblattbogigen Öffnung das Alvenslebensche Wappen mit der Inschrift Da selig sind die guthes… Das früher daneben stehende Veltheimsche Wappen befindet sich in der Wiederherstellung.
Literatur:
- Cornelia Aman: Glasmalereien des 19. Jahrhunderts. Sachsen-Anhalt. Die Kirchen. Edition Leipzig 2003, S. 320-322.
- Frank Laska: Die Glasmalereianstalt Ferdinand Müller in Quedlinburg von ihrer Gründung bis zum Jahr 1914. Quedlinburg 2009, 296 S.
Das Bildmaterial wurde weitgehend von Rolf Markgraf, Neugattersleben zur Verfügung gestellt.