Schenkenhorst
Ansicht von 1998
Das Gut Schenkenhorst – zwischen Kalbe/Milde und Gardelegen gelegen – war von 1420 bis 1812 im Besitz der Familie v. Alvensleben. Udo v. Alvensleben-Wittenmoor beschrieb das dortige Herrenhaus in den 1930er Jahren wie folgt:
„Einfach und ehrwürdig steht das 1705 vollendete Herrenhaus, von alten Fichten, Eiben und Linden umschattet, in dem von breiten Wassergräben im Viereck gezogenen Garten. Auf hohem Feldsteinsockel ruhen zwei Fachwerkgeschosse, mit einem Walmdach gedeckt, das einst höher war. Eine doppelläufige Treppe führt an der Hauptfront im Süden zur Mitteltür hinauf, über der als einziger Schmuck des Hauses das von Löwen flankierte Doppelwappen mit Inschrift prangt, das wahrscheinlich zu einem nicht mehr vorhandenen Sandsteinportal gehörte. Innen münden alle Feuerstellen in zwei mächtige Schornsteine. Mehrere Kamine sind erhalten geblieben und an einem Ofen eine alte Ansicht des Hauses, auf Fayence gemalt“.
„Noch gut erhalten ist die Gesamtanlage von Haus und Garten, die einst völlig symmetrisch war. Beide besitzen noch ihre gemeinsame Mittelachse. Die Wirtschaftsgebäude lagen früher weiter ostwärts, jenseits der heute an dieser Seite zugeschütteten Graft. Die vorüber fließende Milde speist die Gräben und treibt eine Mühle, die früher zum Gut gehörte. Das große Bauerndorf lag einst hinter Hopfendämmen ganz versteckt. Der Lustgarten war geometrisch aufgeteilt, durch Buchenhecken und Lauben von geschnittenen Linden gegliedert und von Alleen eingefasst. Vor dem Hause lag ein Blumenparterre mit Buchseinfassungen, in den äußeren Quartieren Obst- und Gemüsegärten, in der Südwestecke die Gärtnerei. Da die Anlage niemals anglisiert wurde und heute noch in alter, wenn auch einfacherer Weise bewirtschaftet wird, hat sich der ursprüngliche Zustand in den Grundlinien und vor allem der Stimmung nach erhalten. Deutlich spürt man noch die einstige Anmut dieses ländlichen Rokokogartens und sieht Anna Lucia, Luise Amalia, Anna Hedwig und Sophia Eleonora (v. Alvensleben) im Geist darin umherwandeln“.
„Eine schmale Brücke führt vom Hause über die Graft zur benachbarten Kirche, deren Apsis sich im Wasser spiegelt. Leider hat die alte Feldsteinkirche 1870 einem Neubau weichen müssen, der sich wenigstens bemüht altmärkisch auszusehen. Alt sind nur noch der barocke Taufstein aus grauem Marmor und die Gruft unter dem neuen Turm. Von den darin vorhandenen acht Särgen aus Alvenslebenscher Zeit ist der prächtigste jener von Louise Amalia v. d. Werder, Busso Dietrichs Gemahlin, von 1766.“
Zur Geschichte des Gutes
Schenkenhorst gehörte schon 1420 zur Herrschaft Calbe und blieb seit 1450 mit dem Hof zu Berge vereinigt bis die Verpfändung an die Asseburgs aufgehoben wurde. Damals fiel es dem Hause Zichtau Alte Seite zu, mit dem es bis zum Verkauf 1812 vereinigt blieb. Erst jetzt entstand ein Rittersitz in Schenkenhorst. Der Begründer war Levin Ludolf II. v. Alvensleben (1654-1702), Ritterschaftsdirektor und Kriegskommissar der Altmark, vermält mit Anna Lucia v. Alvensleben a.d.H. Isenschnibbe (1656-1720). Erst die Witwe vollendete nach dem Tode ihres Gatten, 1705, das von ihnen errichtete Herrenhaus, dessen Portal mit den Allianzwappen des Erbauerpaares geschmückt ist.
Der älteste Sohn, Busse Dietrich I. v. Alvensleben (1687-1726) folgte 1702 im Besitz von Calbe, Schenkenhorst und Rogätz. Seine Frau war Luise Amalia v. dem Werder a.d.H. Gröbzig-Werdershausen (1683-1766), eine Schwester der Hausfrau in Berge. Beide lebten und starben in Schenkenhorst. Dort in der Kirche wurden sie auch beigesetzt. Der einzige Sohn, Levin Ludolf IV. (1715-1750) heiratete seine Cousine Anna Hedwig v. Alvensleben (1721-1772), Tochter Valentin Joachims III. auf Zichtau, wurde dessen Lehns- und Allodialerbe und vereinigte Zichtau mit Schenkenhorst, wie zu Zeiten seines Großvaters. Die Witwe verwaltete die Güter vom Tode des Gemahls 1750 bis zur Teilung 1770. Der Landrat Johann Friedrich VII. (1747-1829) erhielt Schenkenhorst und lebte dort mit seiner Gemahlin Sophie Eleonore v. Alvensleben a.d.H. Neugattersleben , die er 1772 heiratete, bis er 1787 seinen Wohnsitz nach Zichtau verlegte, das ihm durch den Tod seines Bruders Karl Ludolf, Konsistorialpräsidenten und Domdechanten zu Merseburg, zufiel. Allzu große freiwillige Opfer für die Befreiung des Vaterlandes führten zur Zwangsversteigerung von Schenkenhorst im Jahre 1812, die 10.250 Thaler erbrachte.
Zweimal wurde das Gut von den Alvensleben zurück erworben. 1815, drei Jahre nach der Versteigerung, kaufte Caroline v. Alvensleben, geb. v. Rohr, die energische Schwiegertochter Johann Friedrich VII., Schenkenhorst mit Zichtau Alter Seite wieder zurück, konnte es jedoch nicht lange halten. 1824 vertauschte Valentin Joachim IV. v. Alvensleben, Kommendator des Johanniterordens auf Erxleben I und Isenschnibbe, das Rittergut Kunrau im Drömling gegen Schenkenhorst, das näher an Gardelegen lag, um seine Isenschnibbeschen Güter abzurunden, verkaufte es aber nach kurzer Besitzzeit wieder.
Ludwig Alexander v. Alvensleben (1778-1842) – eine literarische Figur in Fontanes Roman „Schach von Wuthenau“ – ist in Schenkenhorst geboren.
Literatur
- Udo v. Alvensleben: Chronik der altmärkischen Burg Calbe an der Milde. Unveröffentlichtes Manuskript verfasst 1920-1960, S. 242-244.veröffentlicht unter dem Titel: Die Alvensleben in Kalbe 1324-1945, bearbeitet von Reimar v. Alvensleben, Falkenberg August 2010 (180 S.), S. 151-153.
- Ulf Frommhagen: Schlösser und Herrenhäuser in der Altmark. In: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt. Heft 14. Mitteilungen der Landesgruppe Sachsen-Anhalt der Deutschen Burgenvereinigung e.V. Halle/Saale 2005, S. 215-252.